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Julia Rüegger

Julia Rüegger, geboren 1994 in Basel, studierte Literarisches Schreiben, Theater und Philosophie in Hildesheim, Biel und Madrid. Neben dem Schreiben von Lyrik, Prosa und Essays engagiert sie sich im Verein lektorat.literatur, als Leitungsmitglied vom künstlerischen Offspace WABE und als Fachgruppenmitglied beim GGG Kulturkick für eine lebendige und diverse Literaturszene in und um Basel.
Ihr Lyrikdebüt einsamkeit ist eine ortsbezeichnung erscheint im August 2023 bei Schiler&Mücke.

Publiziert am 7. August 2023

Ich war jung und habe von früh bis spät geschrieben. Ich dachte an Konzeptkunst, Langgedichte und Erotik, aber niemals an Liebe.
Mit hohem Pulsschlag und großen Augen stand ich vor Graffiti auf Asphalt und Worten an Klotüren und nahm mir vor, Erinnerungen künftig im Polaroidformat zu speichern.

Mit meinem Sommerjob-Taschengeld kaufte ich mir Bücher für die Bibliothek meiner Zukunft, die wachsen und sich ausbreiten sollte wie ein Neophyt, Schlingpflanzen aus Papier, und manchmal gerieten auch Körper dazwischen, Schweiss und Fingerabdrücke und Salzränder an Träumen.

Die Schule hatte ich abgeschlossen, ihre Ungereimtheiten abgeschüttelt an einem einzigen Tag. Statt karierter Mathehefte kaufte ich mir nun blanko-Moleskins und nahm sie mit ins Freibad, meine Handschrift gegen die Silhouette der Sprungtürme gehalten. Sommersprossen fallen mir wie Schuppen von den Augen schrieb ich, strich es wieder durch.

Ich hatte ein Interrailticket, auf der Rückseite Haikus und Taubenreste an den Flip-Flop-Sohlen. Wenn es zu heiß war, suchte ich Zuflucht in Buchhandlungen. Die weiblichen Verkäuferinnen waren kundenorientiert, die männlichen lasen still in den Neuanschaffungen.

In einer schattigen Ecke bei den Kultbüchern traf ich dich, sah von deinen Augen direkt in deinen Bauchnabel und entschied mich, mit dir fortzugehen. Wir sahen uns erst die Grabsteine und dann die Geburtshäuser verstorbener Autor*innen an, gingen in die Fotografie-Ausstellung 100 Jahre Leica und lernten beim Franzbrötchenessen eine Frau kennen, die von morgens bis abends nur Enthüllungs-Dokus sah; Klimakrise, Tabaklobby, Nahrungsmittelindustrie. Die Frau trug Fetzen und Federn, das empfand sie als Schmuck. Wir fanden, dass sie es gut machte, besser als viele, die im Schwimmbad ihre Beine kritisieren und auf Wasserbomben und Tauchgänge verzichten.

Der Sommer war so lang und jeder Tag so üppig, dass wir Angst hatten, darin unsere Vergangenheit und vielleicht sogar unsere Zukunft zu verlieren. Sie könnte verdampfen, ausbrennen, zerspringen wie überhitztes Glas. Ich blickte lange in deinen Bauchnabel, hielt mich an seinen schrumpeligen Jahresringen fest. Du sagtest, ich solle mein Notizbuch jemandem schenken, der es braucht. Die vollen oder die leeren Seiten, fragte ich. Aber ich brachte es nicht über mich.
Stattdessen wollte ich dir den Bauchnabel rauspulen, ihn mitnehmen, falls du jemals weggehen solltest.

Später klebten die Stadtparks meine Hände voll mit Harz; eine Art Klebrigkeit wie die Tinte auf frischgedruckten Passfotos.

Fast konnten wir sie auf unsere Haut pappen wie ein Tattoo.

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